„Lern´ uns kennen“ – Das ist die Einladung, darum geht es an diesem Sonntag am „Europäischen Tag der jüdischen Kultur“. Dazu ein Beitrag des Bonner Pressepfarrer Joachim Gerhardt auf den Lokalradios NRW. Hier auch zum Nachhören und Nachlesen.
Anmoderation: Heute ist der „Europäische Tag der jüdischen Kultur“. Ein Aktionstag, der seit 1999 immer am ersten Sonntag im September gefeiert wird. Inzwischen machen fast 30 Länder mit, und es gibt unzählige Veranstaltungen. Sie alle haben eigentlich nur ein Ziel, sagt Ruth Schulhof-Walter von der Jüdischen Gemeinde in Köln:
Ruth Schulhof-Walter: Die meisten Menschen kennen keinen Juden, die haben Vorurteile, wissen vielleicht Bruchstücke, aber wissen im Grunde genommen nichts. Und dieser Tag gibt die Möglichkeit, dass Menschen in ganz Europa das kennenlernen können.
Joachim Gerhardt: Am „Europäischen Tag der jüdischen Kultur“ geht es um Begegnung. Viele Synagogen auch hier bei uns in NRW haben deshalb geöffnet, es gibt Konzerte, Vorträge und Diskussionen. Die Gemeinde in Köln will sich als offenes Haus präsentieren:
Ruth Schulhof-Walter: Wenn die Leute dann sehen, guck mal, die Juden sind Menschen so wie du und ich, die beten nur anders, und hier passiert nichts Heimliches und Unheimliches, dann ist schon gut.
Joachim Gerhardt: In dieser Zeit ist das wohl wichtiger denn je. Denn nach dem Überfall der Hamas auf Israel und dem Gazakrieg ist die Situation auch in Deutschland für Juden sehr viel schwieriger geworden
Ruth Schulhof-Walter: Wenn wir Veranstaltungen in der Synagoge haben, müssen wir die Sicherheitsmaßnahmen hochfahren. Aber massiv! Und es kommen E-Mails und Briefe, die möchtest du nicht lesen Also die Bedrohung ist seit dem 7. Oktober massiv gestiegen, und für die, die sich in die Öffentlichkeit trauen, drei Mal.
Joachim Gerhardt: Auch deshalb ist der Aktionstag der jüdischen Kultur als „Tag der Begegnung“ so wichtig – auch für die jüdischen Gemeinden selbst:
Ruth Schulhof-Walter: Wenn wir uns jetzt zurückziehen, haben wir eh schon verloren. Das heißt, die einzige Möglichkeit ist, Begegnung zu schaffen. Wir werden natürlich keinen überzeugten Antisemiten überzeugen, das ist auch nicht die Absicht, aber Menschen ansprechen, Menschen motivieren uns kennenzulernen … das ist das Ziel.
Joachim Gerhardt: Damit alle Menschen begreifen: Jüdisches Leben ist Teil unserer Kultur. Nicht nur Geschichte, nicht nur die schreckliche Erinnerung an den Holocaust …
Ruth Schulhof-Walter: Juden leben, sie leben heute hier unter uns. Das kann dein Nachbar sein, der muss nicht mit Schläfenlocken, Kaftan, Hut rumlaufen oder einen dicken Stern um den Hals haben, er kann trotzdem Jude sein.
Joachim Gerhardt: Um Vorurteile und Judenhass zu überwinden, braucht es mehr, als nur einen Tag im Jahr. Ruth Schulhof-Walter hat deshalb den Verein „Jüdisches Leben in Europa“ mitgegründet:
Ruth Schulhof-Walter: … viele in Europa sind da sehr daran interessiert. Die haben auf Europaebene den einen Tag, aber das, was wir machen wollen, soll das ganze Jahr gehen.
Joachim Gerhardt für Himmel und Erde.
Nachhören
Der Beitrag ist zu hören am 1. September 2024 in der Sendung Himmel & Erde, dem Magazin der Kirchen immer sonntags und feiertags von 8.00 bis 9.00 Uhr auf Radio NRW / Redaktion: Manfred Rütten, Hier können Sie den Beitrag anhören: https://www.himmelunderdeonline.de/hue/europaeischer-tag-der-juedischen-kultur.php
(01.09.2024 / ger)