Geerdeter Theologe, engagierter Sozialethiker und wohltuender Vermittler

Landespfarrer Peter Mörbel aus dem aktiven Dienst verabschiedet

Foto: Martina Steffen

Peter Mörbel hat evangelische Theologie in Bonn studiert. Nach dem Vikariat in Bonn-Tannenbusch war er zunächst 15 Jahre lang Gemeindepfarrer in Neuss-Erfttal und in Köln-Bilderstöckchen, Stadtteile, die damals als soziale Brennpunkte galten. 1998 wechselte in das Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nach Hannover. Als persönlicher Referent begleitete er den damaligen rheinischen Präses und EKD-Ratsvorsitzenden Manfred Kock bis zum Ende von dessen Amtszeit 2003 sowie Bischof Wolfgang Huber zu Beginn seines Ratsvorsitzes bis Mitte 2004.

Seit 2005 Studienleiter an der Evangelischen Akademie im Rheinland

Beim Start in die neue Aufgabe als Studienleiter für den Bereich Kirche, Wirtschaft und Arbeitswelt an der Akademie im Jahr 2005 konnte er auf viele Kontakte zurückgreifen, die er in seiner Zeit in Hannover aufgebaut hatte. An der Akademie erweiterte sich sein Netzwerk um Verbindungen zu Gewerkschaften und Unternehmerverbänden, insbesondere zu den Arbeitskreisen evangelischer Unternehmerinnen und Unternehmer. Im Laufe seiner 13jährigen Tagungsarbeit hat er zahlreiche wirtschaftsethische und sozialethische Fragen thematisiert, sei es den Arbeitsbegriff zwischen Erwerbstätigkeit und Care-Arbeit, die Förderung von Langzeitarbeitslosen, das Besondere am Arbeitgeber Kirche, Fragen einer christlichen Unternehmensführung oder den Wandel der Arbeitswelt durch die Digitalisierung.

Besondere Akzente setzten seine Initiativen zum Whistleblowing und zu einem konstruktiveren Umgang mit wirtschaftlichem Scheitern. Höhepunkte am Ende seiner aktiven Zeit waren der evangelische Raiffeisen-Kongress im Juni 2018 und eine Reihe von Veranstaltungen zur Erinnerung an den 200. Geburtstag von Karl Marx.

Ein Persönlicher Rückblick auf die Akademiearbeit – Interview mit Peter Mörbel
Wenige Tage vor seiner Verabschiedung hat er in einem Interview auf seine Zeit an der Akademie zurückgeblickt, das hier auf dieser Seite  nachzulesen ist.

Peter Mörbel in seiner Predigt:
„Wir sind der Welt die Mitte, Christus, schuldig“

Die Predigt anlässlich seiner Verabschiedung hielt Peter Mörbel selbst. Als Predigttext wählte er das Gleichnis vom reichen Jüngling (Lukas 18, 18-27), bei der Auslegung bezog er sich auf das sogenannte 100-Gulden-Blatt, eine Radierung von Rembrandt van Rijn (1606 – 1669). In der Mitte des Blattes ist Christus zu sehen,  Arme und Kranke gehen auf ihn zu, andere rahmen das Bild als Zuschauerinnen und Zuschauer. „Wir sind der Welt die Mitte, Christus, schuldig“, so Peter Mörbel. „Im Miteinander und Gegeneinander wird Gott ankommen. Mittenrein. Da findet Himmelreich statt“, unterstrich er im Blick auf eine Gesellschaft voller Gegensätze, wie sie im Bild zu sehen ist und wie wir sie auch heute erleben. Dort ließen sich erste Anfänge und Spuren der Gegenwart Gottes  finden.   

„Zuhören, verstehen, davon reden, was ich glaube“
Sein beruflicher Lebensweg habe ihn mit sehr unterschiedlichen Menschen zusammengeführt. Dabei sei er immer wieder Menschen begegnet, die der biblischen Botschaft nichts abgewinnen konnten, aber auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage waren, wo ihr Leben gut aufgehoben sei. „Zuhören, verstehen, davon reden, was ich glaube“ – das habe er in solchen Situationen versucht. Daraus seien immer wieder spannende Gespräche entstanden.

Dank für sachorientierte und engagierte Arbeit
Pfarrer Eckart Wüster, Superintendent des Kirchenkreises Bonn  und Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland, entpflichtete Peter Mörbel anschließend aus dem aktiven Dienst. Kirchenleitungsmitglied Wüster und Kirchenrat Volker König , Leitender Dezernent für Politik und Kommunikation im Landeskirchenamt, dankten Peter Mörbel im Namen der Kirchenleitung für seine sachorientierte und engagierte Arbeit an der Schnittstelle von Kirche und Gesellschaft. Seine Zeit in Neuss-Erfttal und in Köln-Bilderstöckchen hätte Peter Mörbel vor Augen geführt, zu wissen, was Armut heißt. Deshalb sei ihm in seinem späteren Wirken im Bereich der landeskirchlichen Sozialethik und an der Akademie stets „die Option der Kirchen für die Armen“ wichtig geblieben, so Kirchenrat König. In den Jahren an der Akademie sei er mehr und mehr zu einem zentralen Ansprechpartner für sozialethische Fragen geworden, unterstrich Akademiedirektor Dr. Frank Vogelsang , der die Verabschiedung moderierte.

Gesellschaftlicher Umbruch ist die entscheidende sozialethische Herausforderung
Die Wechselwirkung zwischen aktueller gesellschaftlicher Situation und Theologie bestimmten auch die folgenden Beiträge bei der Verabschiedung. In seinem Festvortrag konstatierte Professor Dr. Gerhard Wegner , Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, dass der liberale Konsens, der die Gesellschaft bis vor kurzem weitgehend geprägt habe, zerbrochen sei. Die Folge seien die aktuellen rechtspopulistischen Strömungen und eine gewisse Hilflosigkeit der Kirchen, wie damit umzugehen sei. 

Wie kann der christliche Glaube eine neue Orientierung bieten?
Gleichzeitig zeige die neue, im November 2018 veröffentlichte Jugendstudie des SI-EKD , dass es bei jungen Leute eine hohe Distanz zu gesellschaftlichen Organisationen, seien es nun Parteien, der Staat oder die Kirchen. gibt. Die westlichen Gesellschaften befänden sich in einer epochalen Umbruchsituation. Dies sei eine entscheidende sozialethische Herausforderung, vor denen die Kirchen nun stünden, vergleichbar der Zeitenwende von 1918. Theologie müsse sich die Frage stellen: „Wie kann der christliche Glauben hier eine neue Orientierung bieten? Wie sieht eine Zukunft aus, an die man unter diesen Bedingungen noch glauben kann?“

Wohltuende Wirksamkeit: Deutlich in der Sache, aber milde in der Vermittlung
Altpräses Manfred Kock   unterstrich die geerdete Theologie und die „wohltuende Wirksamkeit“ von Peter Mörbel, sowohl als Gemeindepfarrer im Kirchenkreis Köln-Nord als auch als Netzwerker und persönlicher Referent in Hannover. Peter Mörbel sei immer deutlich in der Sache, aber milde in der Vermittlung gewesen, sagte Oberkirchenrat i.R. Klaus Eberl als Vorsitzender der Stiftung Sozialer Protestantismus, bei der sich Peter Mörbel auch weiterhin im Kuratorium engagieren wird. In ähnlicher Weise formulierten es auch Landessozialpfarrerin Heike Hilgendiek  von der Evangelischen Kirche von Westfalen und sein langjähriger Freund aus Kindertagen, Pfarrer i.R. Horst Hörpel, ehemaliger Superintendent des Kirchenkreises Simmern-Trarbach.

Manfred Thesing , Vorsitzender des Katholikenrats des Bistums Trier, dankte Peter Mörbel für sein ökumenisches Engagement auf den Feldern der Arbeitsmarktpolitik und des Sonntagsschutzes. Professor Dr. Holger Linderhaus vom Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer (AEU) charakterisierte den scheidenden Studienleiter als einen „Brückenbauer zwischen der evangelischen Kirche und dem mittelständischen Unternehmertum.“

Dankbarkeit und Freude auf die entpflichtete Zeit
Die Akademie sei für ihn „Liebe auf den ersten Blick“ gewesen und es habe ihm viel Freude gemacht, in diesem Team zu arbeiten, so Peter Mörbel in seinem Dankeswort an alle Anwesenden. Nun freue er sich auf die „entpflichtete Zeit“ zusammen mit seiner Familie. Insbesondere seine Frau Dorothee habe seine Arbeit stets mitgetragen und darum gebühre ihr auch sein besonderer Dank.

  • 3.12.2018
  • EKiR.de
  • ekir_akademie03