Bewegendes Gebet zum Kriegsbeginn vor einem Jahr mit dem Trio Ukraina und ukrainischen Tänzerinnen in der Bonner Kreuzkirche – Superintendent Pistorius: „Trauer und Klage"

Tief bewegend und sehr persönlich: Das ökumenische Klage- und Friedensgebet zum Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine am Donnerstagabend, 23. Februar, in der Bonner Kreuzkirche setzte ein Zeichen gegen die Angst und für den Frieden und die Sehnsucht nach Versöhnung. Bewusst gesetzt vor der Nacht, in der vor einem Jahr die ersten Bomben auf die Menschen in der Ukraine fielen, war dieses Gebet der Auftakt für viele Gedenkveranstaltungen und Aktionen heute in Bonn und der Region.

Sich suchen, finden, verzweifeln und doch hoffen. Berührendes Tanztheater zum russischem Krieg in der Ukraine im Friedens- und Klagegebet in der Bonner Kreuzkirche (Foto: Martin Engels)

Pfarrer Martin Engels stellte in der Kreuzkirche eingangs vor allem die Künstlerinnen aus der Ukraine in den Mittelpunkt: „Der Krieg, die Gewalt, das sinnlose Töten und das furchtbare Leid, das sich tagtäglich vergrößert, wie soll man das in Worte fassen, was uns sprachlos macht? Wir sind Zeuginnen und Zeugen des Krieges durch die Bilder, die wir täglich sehen, durch die Geschichten und Gesichter all derer, die hier bei uns Schutz gesucht haben.“

„Wo die Sprache versagt, kann die Kunst uns weiterhelfen“, so Pfarrer Engels, Leiter des Evangelischen Forum Bonn vor rund 250 Menschen in der in der evangelischen Stadtkirche am Kaiserplatz. „Dem Ringen mit dieser Zeit, ein Ringen mit dem eigenen Seelenleben, ein Ringen mit Gott, der für die eine ein Anker im Gebet, die andere mit den Kriegsverbrechen gestorben ist.“

Ukrainische Künstlerinnen: „Wir sind keine Opfer, wir sind stark“

Drei jungen Tänzerinnen aus der Ukraine, Kateryna Pogorielova, Tetiana Znamerovska und Halyna-Oksana Shchupak sind seit zehn Monaten Gäste des Tanztheaters Pina Bausch in Wuppertal. In Auszügen aus ihrem Stück „Vona“ unter Leitung des Ensemble-Mitglieds Rainer Behr zeigten sie, wie sie den Krieg verarbeiten. „Wir sind keine Opfer, wir sind stark. Wir sind auf der Suche nach unserer Identität“, so ihre Botschaft, und das mit tiefem Ernst und großer Ausdruckskraft und spiritueller Weite als Tanztheater entfaltet. Das inzwischen fernsehbekannte Bonner Trio Ukraina unter der Leitung von Yulia Parnes gestaltete die Andacht zudem mit berührenden ukrainischen Volksweisen.

Kerzen wurden entzündet. Jede Kerze ein Gebet, eine Klage und Bitte. Mit dabei Vertreterinnen und Vertretern der christlichen Kirchen in Bonn, verbunden in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) für Bonn und die Region, darunter auch Vertreter der orthodoxen Gemeinde in Bonn mit Christinnen und Christen aus Russland und der Ukraine, deren Pfarrer Eugen Theodor,  sowie die Bonner ACK-Vorsitzende Esther Runkel, Superintendent Dietmar Pistorius und Pfarrer Thomas Bergenthal von der katholischen Kirche.

Superintendent Pistorius: „Positionen für und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine in unserer Kirche verbinden sich im Gebet – Keine Position ist ohne Schuld“

Der Bonner Superintendent Dietmar Pistorius erklärte: „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein! Und ist doch eine bittere Realität, der wir uns stellen müssen. Was in dieser Situation aus dem Glauben heraus politisch geboten ist, darüber gibt es in unserer Kirche sehr unterschiedliche Meinungen. Dass wir mit keiner Position – zum Beispiel für oder gegen Waffenlieferungen – ohne Schuld bleiben, ist meine Überzeugung. Umso mehr lade ich ein, sich in Trauer, Klage, Bitte und Gebet zu verbinden.“ (Siehe auch Erklärung der Evangelischen Kirche im Rheinland zum Thema: EKIR zu Ukraine).

So spricht zum Thema unter anderem auch die evangelische Theologin Margot Käßmann Samstagmittag um 13.00 Uhr bei einer Kundgebung des „Bonner Friedensforums“ auf dem Bonner Münsterplatz.

Gemeinsames Gebet auch im Vorgebirge

Auch in Bornheim luden laut Pfarrer Dieter Katernberg von der Evangelischen Kirchengemeinde Vorgebirge die evangelischen und katholischen Gemeinden gemeinsam zum Friedensgebet ein. Motto dort am Donnerstagabend  in der St. Sebastiankirche in Roisdorf: „Ein Jahr Krieg ist zu viel!“

Ökumenisches Friedensgebet mit Schülerinnen und Schülern auch am 24. Februar im Bonner Münster

Die Einladung zum ökumenischen Friedensgebet am Freitagmorgen im Bonner Münster richtete sich besonders an jungen Menschen, die selbst vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen sind. Klassen oder Jahrgangsstufen unter anderem aus der Liebfrauenschule (LFS) Bonn nahmen teil, um zum Jahrestag des Kriegsbeginns innezuhalten, Zeichen der Solidarität zu setzen und gemeinsam für den Frieden zu beten. Den Gottesdienst gestaltete Kaplan Dr. Christian Jasper vom Münster und die evangelische Pfarrerin Lea Wangen. Vor allem die vielen ukrainische Schülerinnen und Schüler in der LFS waren dabei und blieben im Anschluss auch zum gemeinsamen Frühstück und Austausch.

Eine große Bitte für die Welt: Friedensbild auf dem X-tra-Platz vor der Kreuzkirche im Bonner Zentrum (Foto: M. Engels)

(zuletzt aktualisiert: 24.02.2023 / Martin Engels / Stefan Schultz / Joachim Gerhardt)

  • 13.2.2023
  • Red
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