„Wir müssen proaktiv für unsere Demokratie einstehen!“ – Hier ein Rückblick auf die ökumenische Abendveranstaltung mit Bischof i.R. Markus Dröge am 20. Februar 2025 in im Haus der Kirche in Bonn. Fortsetzung am 2. April und 14. Mai.
Eintreten für Menschenwürde und freiheitliche demokratische Werte sowie Raum für Austausch schaffen, mit diesem Ziel hat sich ein ökumenisches Bündnis in Bonn zusammengeschlossen und die Veranstaltungsreihe „Haltung zeigen!“ ins Leben gerufen. Bischof i.R. Dr. Dr. h.c. Markus Dröge eröffnete die Reihe am 20. Februar mit einem eindrücklichen Vortrag zum Thema „Der Beitrag der Kirche zu einer Wehrhaften Demokratie“. Seine Botschaft: Demokratie muss wieder lebendig erlebbar werden!

„Unsere Welt hat sich in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren dramatisch verändert.“ Mit diesen Worten beginnt Markus Dröge, Theologe und Bischof i.R. der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), seinen Vortrag zum Beitrag der Kirche zu einer wehrhaften Demokratie. Nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten Welt lasse sich erleben, wie nationale Narrative und radikale Ansichten sich verbinden und mächtige Kräfte sich über geltendes Recht hinwegsetzen, um ihre Interessen durchzusetzen.

Unsere Demokratie ist gefährdet
Das Gefühl dramatischer Veränderung kennen auch die 75 Teilnehmenden, die sich zum Auftaktworkshop eingefunden haben. Bereits vor dem Vortrag hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich im Gespräch und an Stellwänden zu unterschiedlichen Aspekten des Themas auszutauschen. Als „entgleisende Gesellschaft“ wird das Gefühl dort beschrieben. Die Sorge vor zunehmender Spaltung und erstarkendem Rechtsradikalismus spielt dabei für viele der Teilnehmenden eine entscheidende Rolle.
Wie kann und will sich die Kirche in dieser Zeit positionieren? Diese Frage begleitet nicht nur die Veranstaltungsreihe und den Eröffnungsvortrag, sondern prägte auch die Jahre in denen Markus Dröge als Bischof der EKBO mit dem erstarkenden Rechtspopulismus konfrontiert war. Vor diesem Hintergrund reflektierte vor den interessierten Teilnehmenden über seine Erfahrungen aus einer ostdeutschen Kirche.
Dass unsere Demokratie durch Rechtspopulismus und Rechtsextremismus gefährdet ist, lasse sich heute nicht mehr übersehen oder beschwichtigen, davon ist Markus Dröge überzeugt. Im Osten Deutschlands sei dies schon vor einigen Jahren spürbar gewesen. So müsse sich die EKBO bereits seit über zehn Jahren mit neu-rechten Ideologien und Bewegungen auseinandersetzen. Dabei sei sie in unterschiedlichen Dimensionen gefordert: theologisch, juristisch, kirchenleitend und gesellschaftspolitisch.
Es geht um die Grundlagen unserer freiheitlichen Gesellschaft
In der theologischen Auseinandersetzung mit der neo-völkischen Ideologie werde schnell deutlich, dass der Kontrast zwischen dieser und dem, wofür der christliche Glaube steht, nicht größer sein könne, beschreibt Dröge ausführlich und nennt als eines von vielen Beispielen, dass eine völkische Ideologie der Gottebenbildlichkeit aller Menschen zutiefst widerspreche.
Die AfD verfolge das Ziel, unsere freie und demokratische Gesellschaft gegen den Geist des Grundgesetzes autoritär und völkisch umzugestalten, fasst Dröge es am Ende der Betrachtung zusammen. Dagegen gelte es sich zu wehren: „Wenn wir Christen uns für eine wehrhafte Demokratie einsetzen, also eine Demokratie, die sich aktiv dagegen wehrt, dass sie von innen heraus ausgehöhlt und geschwächt wird, dann tun wir dies nicht, weil wir Parteipolitik betreiben, sondern weil wir die humanen Werte verteidigen, die allein die Würde des Menschen bewahren können, und weil wir eine Lerngeschichte zu verteidigen haben, die unsere Kirche und unsere Gesellschaft seit 1945 erlebt hat.“
Laut, deutlich und theologisch Position beziehen
Es gelte der Situation ins Auge zu schauen und Dinge klar zu benennen, unterstreicht Dröge und nennt eine Erklärung der deutschen katholischen Bischöfe vom Februar 2022 als Beispiel großer Klarheit, das die Unvereinbarkeit des christlichen Gottes- und Menschenbildes mit völkischem Nationalismus benennt.

Kirche solle keine Politik machen, aber Politik möglich machen – dieses Diktum bedeutet für Markus Dröge heute, klar Stellung zu beziehen: Denn die Grundlagen, die die Voraussetzung bieten, eine Politik zu machen, die Menschenwürde achtet, würden von extremen Kräften bedroht.
Das erfordere insbesondere in Ostdeutschland Bekennermut, wie Markus Dröge selbst und von Mitarbeitenden vor Ort weiß und was er unter anderem am Beispiel von Unvereinbarkeitsbeschlüssen zu AfD-Mitgliedschaft und Kirchenamt in den ostdeutschen Landeskirchen deutlich macht.
Unterstützung von anderen Kirchen sei dabei wichtig. Mit Blick auf die Rheinische Landeskirche in ihrer Tradition der Barmer Theologischen Erklärung appelliert Markus Dröge, noch deutlicher, überzeugter und kämpferischer als bisher, theologisch hörbar zu werden, um sich von Menschenfeindlichkeit und völkischer Unterwanderung abzugrenzen.
Werte erlebbar machen
Doch für Markus Dröge kann es nicht bei Abgrenzung bleiben. So müssten die Kirchen auch aktiv daran mitarbeiten, dass Demokratie lebendig bleibt und ihre Werte erlebbar machen. Um zu zeigen, was die christlichen Kirchen dafür tun können, gibt er den Teilnehmenden zum Abschluss des Vortrags sechs Beispiele an die Hand.
Für den Bischof i.R. braucht es in der Kirche
- mutige und öffentliche Stimmen, die sich gegen Menschenverachtung stellen.
- die Pflege und Vernetzung von präsentischen Orten, an denen der offene Diskurs kontrovers, aber kompromissbereit ausgetragen werden kann.
- Bildungsarbeit, die deutlich auf die Werte des Grundgesetzes hinweist und Diskurs und Lösungsfindung erlebbar macht.
- Demonstrationen, die öffentlich eine Gegen-Aufmerksamkeit zum Radikalen schaffen und Menschen zeigen, dass sie nicht allein sind.
- vertrauensvolle Netzwerke mit kirchlichen und säkularen Partnern.
- eine Europaarbeit, die auch stark nach Osteuropa blickt.
Zum Ende wird Markus Dröge noch einmal deutlich. In der kommenden Zeit, so befürchtet er, gelte es, mit dem rechten Netzwerk leben zu lernen. Zwar sei er vom Glauben überzeugt, dass ein System, das auf Hass beruhe, keine dauerhafte Zukunft habe, doch bis zum Zusammenfall dieses Machtsystems gelte es, die destruktiven Kräfte bestmöglich einzuhegen. Das bedeute, proaktiv für unsere Demokratie einzustehen. Denn, und damit endet Markus Dröge: „Das beste Gegenmittel gegen Werteverlust, gegen das Schwinden von Solidarität und gegen Zukunftsangst ist eine lebendige Demokratie, die von der Überzeugung und der Mitverantwortung vieler Bürgerinnen und Bürger lebt.“
Engagierte Teilnehmende und viele Ansatzpunkte

Im Anschluss an den Vortrag diskutierten die Teilnehmenden miteinander und mit Markus Dröge. Wie werden unsere Positionen in der Gesellschaft hörbarer? Wie können wir junge Generationen erreichen? Welchen Umgang finden wir mit Christinnen und Christen, die sich öffnen für die Politik und das Gedankengut der erstarkenden Rechten? Das waren nur einige der Fragen, die in den kommenden Veranstaltungen der Reihe „Haltung zeigen!“ wieder eine Rolle spielen werden.
Fortsetzung am 2. April und 14. Mai
Denn bereits im April und im Mai stehen weitere Termine an. Am Mittwoch, 2. April 2025, gibt es Kommunikationstrainings, um zu lernen, sich nicht von populistischen Argumenten treiben zu lassen. Gute Beispiele von gemeinschaftlichen Initiativen für ein tolerantes Miteinander werden dann bei der Netzwerkveranstaltung „Was tun für Zusammenhalt?“ am Mittwoch, 14. Mai, präsentiert. Beide Veranstaltungen jeweils 18.00-21.00 Uhr, die erste im Haus der Evangelischen Kirche Bonn, die im Mai im Kirchenpavillon am Kaiserplatz.
Weitere Informationen dazu finden Sie hier.
Die Veranstaltungsreihe „Haltung Zeigen!“ ist eine Kooperation von
- Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit Bonn EMFA / Integrationsagentur
- Haus Mondial – Fachdienst für Integration und Migration
- Frauenbeauftragte des Ev. Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel
- Katholisches Stadtdekanat Bonn / Aktion Neue Nachbarn
- Evangelisches Forum Bonn
- Evangelische Akademie im Rheinland
- Diakonisches Werk Bonn und Region
- Evangelischer Kirchenkreis Bonn
Die Reihe wird gefördert durch die Kollekte der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Beitrag von Till Kiehne, Evangelische Akademie im Rheinland
(12.03.25 / A. Bohlen / ger)