
Das Herz der rheinischen Landeskirche schlägt für eine Woche in Bonn. Vom 2. bis 7. Februar 2025 tagt hier die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland im Hotel Maritim. Hier lesen Sie zudem erste Bonner Stimmen und Eindrücke.

Bonner Stimmen von der Landessynode
Hier lesen Sie während der Tagung des Synode persönliche Eindrücke und Statements der Bonner Landessynodalen Superintendent Dietmar Pistorius, Pfarrer Michael Schäfer, Dorothea Geffert und Ulrich Hamacher sowie der aus Bonn berufenen Mitglieder der Landeskirche und Mitglieder der Kirchenleitung.
Von der „trotzigen Hoffnung“ der Jugend
Der Bonner Superintendent Dietmar Pistorius berichtet am Dienstag: „Der heutige Tag der Landessynode war in weiten Teilen geprägt von der Hoffnung und dem Elan junger Menschen. Schüler*innen des Amos Comenius Gymnasiums gestalteten eine Andacht, in der sie trotz aller Krisen-Nachrichten von ihrer „trotzigen Hoffnung“ erzählten. Das war ungemein ermutigend. Am Nachmittag und Abend haben wir uns mit über 50 jungen Menschen, die als Gäste zur Landessynode geladen waren, mit dem Thema Rassismus befasst. Das war Wunsch der evangelischen Jugend im Rheinland. Dankbar erleben wir, dass junge Menschen von uns erwarten, dass wir uns dem Rassismus in unserem Land, in Politik, Gesellschaft, vor allem aber auch in unserer Kirche stellen. Dazu brauchen wir eine Haltung, in der wir bereit sind, uns darauf aufmerksam machen zu lassen, wie tief Rassismus in uns drin ist. Da ist noch viel zu tun für uns alle.“
„Klare Positionen zu Demokratie und ihren Feinden, viel Vielfalt und auch schwierige Themen“
Ulrich Hamacher, gewählter Synodaler aus dem Kirchenkreis Bonn und langjähriger Geschäftsführer des Diakonischen Werks Bonn und Region, erlebt „ein gutes Miteinander und intensive Diskussionen. Klare Stellungnahme zu Demokratie und ihren Feinden. Positionierung an der Seite geflüchteter Menschen. Wahlen: mehr Vielfalt, mehr Frauen in wichtigen Positionen, eine person of colour, die in die Leitung gewählt wird. Und wieder geht es um schwierige Themen. Zum Beispiel Kirchliche Hochschule: Wieviel Hochschule können wir uns leisten angesichts der sinkenden Einnahmen der Kirche? Was brauchen wir trotzdem an theologischer Bildung und Ausbildung?“
Jugend entschieden gegen Rassismus

Pfarrer Michael Schäfers persönliche Eindrücke, auch von dem Besuch von Jugendlicher seiner Lukaskirchengemeinde Bonn auf der Synode: „Am Dienstag mit unseren Jugendlichen auf der Landessynode. 15 von unseren Lukasjugendlichen sind gekommen, um zu diskutieren, denn der Dienstagabend war der Abend der Jugend. Das Thema, dass sich die Evangelische Jugend ausgesucht hat, ist brisant und wird uns in Zukunft noch sehr beschäftigen: „Rassismus“. Ich war froh, dass wir mit diesen Jugendlichen -50 insgesamt- diskutieren konnten. Ein Anfang ist gesetzt: Jugend bestimmt mit, sie setzt wichtige Themen, sie erlebt, Teil zu sein von etwas Großem.
Ich bin froh, in dieser Kirche in der Gemeinde, aber auch in der Landessynode mitarbeiten zu können. Die großen Diskussionen finden hier statt: Klimaschutz, Migration, Weiterarbeit an den Themen zur sexualisierten Gewalt, Denkmalschutz, die Umwandlung der Kirchlichen Hochschule zu einem Bildungscampus, die neue Finanzstrategie, die Veränderung des Pfarramts und viele, viele Wahlen…
Ich bin froh über einen sehr sehr guten Präsesbericht vom Montag, darüber wie diskutiert wird, wie sich in Schwarmintelligenz Texte finden lassen, die abgestimmt werden können und das alles in christlicher Haltung im freundlichen verstehenden Zuhören. Die Andachten, die Lieder – immer im Stehen! – tun gut. Mir gefällt sehr ein neues Kinder- und Jugendvertretungsgesetz. Partizipation muss noch noch größer geschrieben werden, sonst verpassen wir die Themen der Zukunft: Ich zähle dazu das schon genannte Thema „Rassismus“ und „Klimaschutz“. Das Thema Klimaschutz steht am Ende der Synode nochmal an in diesen Wahlkampfzeiten. Ich werde den Antrag einbringen. Die Parteien werden aufgefordert, sich konzentriert und in guter Zusammenarbeit dem Klimaschutz zu widmen.“

Bewegende Solidarität mit der Kirche in Tansania
Landessynodale Dorothea Geffert von der Kirchengemeinde Vorgebirge: „Im vergangenen Jahr hatte Oberkirchenrätin Wibke Janssen geworben, für ein „grünes“ Projekt der VEM in Dar es salaam (Tansania) zu spenden. Dort soll nach ökologischen Gesichtspunkten die afrikanische Zentrale der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM) gebaut werden. Durch unsere kreiskirchliche Partnerschaft mit Kusini A in Tansania hat sich mein Herz für dieses Projekt sofort erwärmt, zumal ich auch zum Partnerschaftsausschuss gehöre.
Im Mai haben meine Geburtstagsgäste für dieses Projekt gespendet. Nun konnte Wibke Janssen am ersten Tag der Landessynode einen Scheck von 10.000 €, das erste Zwischenziel der Spendenaktion, an Vertreter der VEM überreichen! Ein bewegender Moment der Solidarität!“

„Signal der Geschlossenheit für Demokratie, Toleranz“
Hier ein erstes Statement von Dr. Gerd Landsberg, berufenes Mitglied der Synode: „Als Bonner freue ich mich sehr, dass die Synode in meiner Heimatstadt tagt. Ich bin sicher, von der Synode wird ein klares Signal der Geschlossenheit ausgehen. Dazu gehört unverzichtbar, dass die evangelische Kirche für Demokratie, Toleranz und fairen Umgang miteinander steht, auch in schweren Zeiten“, so Dr. Gerd Landsberg, Ehrengeschäftsführer des Deutschen Städte -und Gemeindebundes zum Auftakt der Synode sowie am Tag darauf: „Die Rede des Präses am Montag hat mich überzeugt. Insbesondere die Kernaussagen: Weg vom Defizit-Denken, den alltäglichen Glauben stärken und Glaube als Gemeinschaft für andere. Wir neigen dazu nicht nur in der Kirche, sondern in Deutschland insgesamt, immer nur die Defizite zu sehen und zu beschreiben. Wir sollten unsere Stärken viel mehr wahrnehmen und sie sinnvoll einsetzen.“
Auch weiterhin Beamtenstatus für Pfarrerinnen und Pfarrer?
Und noch einmal der berufene Synodale Dr. Gerd Landsberg aktuell: „Die Synode befasst sich auch mit der Frage, ob in Zukunft Pfarrerinnen und Pfarrer nicht mehr im Beamtenverhältnis sondern in einem privaten Dienstverhältnis beschäftigt werden sollen. Man erhofft sich dabei Einsparungen bei Beihilfe und Versorgung. Ich meine: man sollte die Kirche im Dorf lassen und den Beamtenstatus nicht abschaffen . Pfarrerin oder Pfarrer ist nicht nur ein Beruf sondern eine Berufung . Die Anforderungen gehen weit über die Erwartungen eines normalen Arbeitsverhältnisses hinaus . Dem sollte der Status Rechnung tragen. Beispiele aus Ländern und Kommunen zeigen, dass die Umstellung auf reine private Arbeitsverhältnisse die Wettbewerbsposition der Arbeitgeber verschlechtert. Gerade deshalb hat zum Beispiel das Land Brandenburg abweichend von der ursprünglichen Praxis jetzt wieder Lehrer im Beamtenverhältnis beschäftigt. Es ist auch kaum zu erwarten, dass andere Landeskirchen (zum Beispiel in Bayern) diesen Weg ebenfalls einschlagen werden. Daraus würden sich zusätzliche negative Konkurrenzsituation ergeben.
„Klares Zeichen gesetzt zum Schutz vor sexueller Gewalt“
Am Mittwoch ergänzte Gerd Landsberg noch: „Die Synode hat klares Zeichen gesetzt und den Schutz vor sexueller Gewalt deutlich verbessert. Dazu gehört insbesondere eine Schulungsverpflichtung für alle Mitarbeitenden zum Thema Prävention . Diese Schulungen werden in regelmäßigen Abständen wiederholt. Beeindruckt hat mich erneut das positive, wertschätzende Miteinander der Synode. Die vielen Begegnungen und Gespräche haben mich in meinem Glauben bestärkt.“
Festgottesdienst zum Auftakt am Sonntag in der Kreuzkirche
Viele Beratungen und Veranstaltungen im Rahmen des rheinischen Kirchenparlaments sind auch öffentlich, Interessierte sehr willkommen. So zum Beispiel zum festlichen Gottesdienst zur Eröffnung am Sonntagnachmitag in der Kreuzkirche am Kaiserplatz.
Die Predigt hielt Vizepräses Christoph Pistorius, der in diesem Jahr aus dem Amt scheidet. Kirchenmusikdirektorin Karin Freist-Wissing und Kirchenmusikdirektor Stefan Horz, beide von der Kreuzkirche, gestalteten den Gottesdienst musikalisch. Berührend auch die ökumenisch verbundene gemeinsame Abendmahlsfeier mit dem alt-katholischen Bischof Dr. Matthias Ring.

Evangelische Kirche auf dem Weg zu einer „geistlich profilierten, weltoffenen Großkirche“
Die Landessynode will laut Präses Latzel die Weichen stellen für eine lebendige evangelische Kirche von Morgen: „Wir sind Kirche in einem tiefgreifenden Transformationsprozess von einer kulturgestützten, staatsanalogen Volkskirche hin zu einer geistlich profilierten, weltoffenen Großkirche.“ Auch wichtige Wahlen stehen auf der Tagesordnung.
Drei Punkte sind dem Präses für die Synode besonders wichtig: „Dass wir geistlich vom Glauben reden und den Menschen Hoffnung geben. Dass wir nahe bei den Menschen sind und dabei Mitgliederorientierung und Sozialraumorientierung immer zusammendenken. Und dass wir in den Formen flexibel sind, also auch den Gemeindebegriff flexibilisieren.“ Neun unterschiedliche Themenfelder zur Zukunft der Kirche wurden im Laufe des vergangenen Jahres bereits beraten und werden jetzt in der Synode 2025 diskutiert und entschieden.

Beispielsweise sollen im Rahmen der Mitgliederorientierung Menschen verstärkt in ihrem Lebenslauf begleitet werden: von Tauffesten wie zuletzt auch so erfolgreich in der Bonner Rheinaue über ungewöhnliche Gratulationsaktionen bis hin zu Pop-Up-Hochzeiten. Weitere Themenfelder sind unter anderem eine Profilierung des Pfarrberufs und die Stärkung von Leitungskompetenzen.
Viele weiteren Informationen zur Landessynode und zum Tagungsverlauf finden sie immer aktuell hier: https://landessynode.ekir.de
(zuletzt aktualisiert: 05.02.2025 / Joachim Gerhardt)