Es gibt sie, die Zeichen der Hoffnung. Und sie haben zuallermeist mit Menschen zu tun.
Ich denke an Margot Friedländer. Als einzige ihrer Familien hat sie den Holocaust überlebt und ist zur engagierten Zeitzeugin geworden – eine der letzten, die wir noch hatten aus dieser düsteren Zeit. 103 Jahre alt ist sie geworden. In unzähligen Begegnungen, Gesprächen und Vorträgen hat sie uns Anteil gegeben an ihrer Geschichte und ihrer Hoffnung: Leben geht weiter, wenn wir Mitgefühl miteinander teilen. Das war und bleibt ihre zentrale und so bewundernswerte Haltung.

Ich hatte das große Glück, sie persönlich vor wenigen Wochen noch zu treffen. Die Anstrengungen des Alters waren ihr da schon anzumerken. Wer mag es verdenken. Und doch war da dieses Funkeln in den Augen, dieser herzenswarme Blick auf die Menschen, auf das Leben.
Sie ist ein Vorbild der Hoffnung für mich nicht nur für den jüdisch-christlichen Dialog, für den Einsatz gegen Antisemitismus in der Gesellschaft, sondern für ganze viele Lebensbereiche. Sie hat sich nicht verhärten lassen. Sie wollte immer ansprechbar bleiben, suchte unverdrossen das Gespräch, den Dialog. „Das hat mir die Kraft gegeben für mein langes Leben“, sagte sie noch. Ihre Seele war durchlässig für das Wohl und Leid des anderen.
Wenn wir Hoffnung schöpfen, müssen wir auf Menschen wie Margot Friedländer schauen. Es gibt sie. Gott sei Dank. „Seid Menschen“ ist ihre Botschaft in zwei Worten auf den Punkt gebracht. Ein lebensweiser wie biblischer Auftrag – auch an jeden von uns, ihre Gedanken im Gedenken an sie zum Segen für uns alle weiterzutragen.
Joachim Gerhardt

Geistlicher Impuls
Joachim Gerhardt, Pfarrer an der Bonner Lutherkirche und Pressesprecher des Kirchenkreises Bonn, schreibt alle drei Wochen das „Wort zum Sonntag“ in der Gesamtausgabe der Kölnischen/Bonner Rundschau, auf Seite 4 in der der großen Tageszeitung in der Köln-/Bonner Region. Hier erfahren Sie mehr: www.rundschau-online.de