Diakonie fordert: Hartz IV endlich realistisch gestalten!

Die Diakonie fordert, die Hartz 4-Sätze endlich realistisch gestalten. Klare Worte vom Geschäftsführer des Diakonischen Werks Bonn und Region Ulrich Hamacher im Gespräch mit Pressepfarrer Joachim Gerhardt. Zu hören am Sonntagmorgen ab 8.05 Uhr im Lokalradio NRW, bei uns auf Radio Bonn/Rhein-Sieg.

Foto: DW Bonn/Kerstin Lerch-Palm

Anmoderation: 1 Euro 70 für einen Liter Sprit – so teuer war Autofahren selten. Auch die Preise für Strom und Gas gehen aktuell durch die Decke, und das ist ein Problem für alle, die sowieso wenig Geld haben. Zum Beispiel für die 3,8 Millionen Hartz4-Empfänger im Land …

Ulrich Hamacher: Der Hartz 4-Satz ist um drei Euro erhöht worden, obwohl die Inflationsrate ja in der Gegend von vier, fünf Prozent liegt, … und dazu kommt die Steigung der Energiepreise – heute stand in der Zeitung: Sie steigen um 70%. Das heißt, da hätte man eine Hartz4-Erhöhung um 40, 50 Euro machen müssen, um das einigermaßen aufzufangen

Joachim Gerhardt: Ulrich Hamacher ist Chef der Bonner Diakonie. Für ihn legen die hohen Energie- und Lebenshaltungskosten ein Grundproblem von Hartz 4 offen: Die falsche Berechnung dessen, was Menschen zum Leben brauchen:

Hamacher: Also, wenn man ein einigermaßen vernünftiges Leben auf der Basis von Hartz 4 ermöglichen will, muss man die Hartz 4-Sätze um ungefähr 150 oder 200 Euro erhöhen. Weil die Mieten in Bonn sind unglaublich hoch und werden nicht voll finanziert von der Hartz-Behörde, im Leben haben es die Leute ohnehin schwer, Wohnraum zu finden und tun oft einen Teil ihres Regelsatzes noch in die Miete. Und es ist eine Katastrophe.

Gerhardt: Darum hat die Diakonie – nicht nur in Bonn, sondern im ganzen Land – gemeinsam mit Caritas und anderen Wohlfahrtsverbänden klare Erwartungen – besonders an die neue Ampel-Regierung im Bund:

Hamacher: Deutliche Erhöhung der Hartz 4-Sätze, möglichweise Sozialtarife im Energieversorgungsbereich, es sind ja Stadtwerke in der Regel der Hauptversorger, es wäre also machbar, wenn es politisch gewollt wäre. Nur müsste es eben (auf irgendeine Weise) auf Bundesebene finanziert werden, das können die Kommunen auf Dauer nicht tragen – da ist ein Problem.

Gerhardt: Ursprünglich war die Idee hinter Hartz 4, Menschen ein Existenzminimum zu sichern. Aber selbst das wurde in bestimmten Fällen gekürzt und damit Menschen unter Druck gesetzt.

Hamacher: Die neue Bundesregierung hat ja die Absicht, das mit den Sanktionen zu verringern, das ist schon mal positiv. Aber im Kern wird es schon darum gehen, den Regelsatz zu erhöhen oder noch besser, den Leuten Arbeitsplätze zu verschaffen.

Gerhardt: Statt Hartz 4 soll es künftig „Bürgergeld“ heißen. Für den Bonner Diakonie-Geschäftsführer Ulrich Hamacher muss das Wort aber mit einer grundsätzlichen Neuausrichtung verbunden sein:

„Himmel und Erde“: das Magazin mit Themen über Gott und die Welt jeden Sonntagmorgen von 8.00 bis 9.00 Uhr NRW-weit in Ihrem Lokalradio.

Hamacher: Wenn das so umgesetzt wird, wie ich das verstehen will, Bürgergeld, dann wäre das ja eine Leistung, die man bekommt, ohne den bürokratischen Dschungel abarbeiten zu müssen. Also wer schon mal versucht hat, so ein Hartz 4-Antrag auszufüllen, weiß, wovon ich rede. Das können Menschen mit Abitur auch nicht. Und wenn da die Würde des Menschen wieder hergestellt würde, indem man dieses demütige alle Kleinigkeiten offenlegen, endlich abschafft. Das wäre ein Riesen-Fortschritt.

Joachim Gerhardt für Himmel und Erde

Nachhören

Beitrag zu hören am 6. Februar 2022, in der Sendung Himmel & Erde, dem Magazin der Kirchen immer sonntags und feiertags von 8.00 bis 9.00 Uhr auf Radio NRW / Redaktion: Manfred Rütten.
Hier können Sie den Beitrag anhören:
http://www.himmelunderdeonline.de/hue/index.php

Weitere Infos: https://www.diakonischeswerk-bonn.de