„Was braucht wer in der Stadt von uns?“  Bonner Kreissynode wird zur munteren Ideenwerkstatt für eine evangelische Kirche auch künftig sichtbar und wirksam

  • Joachim Gerhardt

Eine Boulder-Kletterwand am Kirchturm, eine Ehrenamtsbörse auf dem X-tra-Platz vor der Kreuzkirche, ein Trinkwasserspender an heißen Tagen, Lindy Hoper-Tanzkurs auf dem Kirchenplatz – vier von vielen kreativen Ideen für eine lebendige und einladende evangelische Kirche in der Stadt zum Hauptthema auf der Bonner Kreissynode am Samstag: „Suchet der Stadt Bestes! – Wie ist die Kirche in Bonn und der Region wahrnehmbar und wirksam?“

„Ihre Kirche übernimmt an vielen Orten Verantwortung für die Menschen unserer Stadt“, dankte OB Katja Dörner Superintendent Dietmar Pistorius vor der Bonner Kreissynode (Foto: J. Gerhardt)

Zum Auftakt der Sommertagung des Kirchenparlaments hatte OB Katja Dörner an die jüngste Bonner Kirchennacht vor zwei Wochen erinnert, die so viele Menschen in großer Vielfalt verbunden und inspiriert habe. „Kirche stiftet Gemeinschaft und leistet einen großen Beitrag für den sozialen Kitt unserer Gesellschaft“, dankt die Oberbürgermeisterin stellvertretend für die vielen vor allem auch Ehrenamtlichen, die diese „Nacht der Engel“ erst möglich gemacht hätten, den 84 gewählten Vertreterinnen und Vertreter aus den zwölf Kirchengemeinden aus Bonn, Alfter, Bornheim und Hersel.

Wort zur wirtschaftlichen Lage der freien Träger sozialer Arbeit

Superintendent Dietmar Pistorius verspricht, die Verantwortung auch bei zurückgehenden Mitgliederzahlen und finanziellen Möglichkeiten wahrzunehmen. „Wir werden uns als evangelische Kirche nicht an Diskussionen beteiligen, die Verantwortung nur hin und her schieben.“ Zugleich brauche die soziale Arbeit aber „verlässliche Rahmenbedingungen“, mahnt der Superintendent. Die Kreissynode folgt nahezu einstimmig einer von Diakoniechef Ulrich Hamacher eingebrachten Erklärung an Stadt, Land, Bund und weitere Kostenträger, die neuesten, inflationsbedingten Steigerungen bei den Personalkosten der sozialen Träger auszugleichen. Hamacher nennt sie „in Teilen existenzgefährdend“, und zwar für alle sozialen Träger, nicht nur die der Kirchen Caritas und Diakonie. (Siehe weitere Hintergründe und Erklärung von Superintendent Pistorius hier)

Wer wünscht sich was von der Kirche: Kreativ-Workshop mit vielen Impulsen auf der Bonner Kreissynode (Foto: J. Gerhardt)

Zukunftsworkshop „Citykirche und Innovation“

In einem höchst kreativen Zukunftsworkshop „Citykirche und Innovation“, munter wie versiert eingeführt von den Pfarren Martin Engels (Leiter Evangelisches Forum) und Michael Pues (Evangelische Studierendengemeinde ESG), sammelt die Synode dann gute Ideen: „Was braucht wer in der Stadt von uns?“ Die evangelische Kirche möchte vor allem Begegnungsorte schaffen für die unterschiedlichsten Menschen. Ein Mittelpunkt in der Innenstadt ist dabei neben der Kreuzkirche der Kirchenpavillon am Kaiserplatz. Laut Martin Engels „eng verbunden mit 40 Jahren Expertise von dessen prägender Leiterin Martina Baur-Schäfer, die nächstes Jahr in den Ruhestand gehen wird. Evangelisches Forum und Stadtkirchenarbeit werden dann noch mehr und sinnvoll zusammenwachsen, so sieht es das Konzept des kreiskirchlichen Fachausschusses für Stadtkirchenarbeit vor.

„Wir haben viel Potenzial und gute Orte für Gemeinschaft und Sinnstiftung“, freut sich der Synodale und Kommunalpolitiker Werner Hümmrich und nennt beispielhaft den in der Pandemiezeit neu entwickelten „X-tra Platz“ als Platz für die Stadtgesellschaft vor der Kreuzkirche.

Evangelische Kirche zeigt sich offen für Veränderungen und hat Lust aufs Gestalten. Das spürt man auf dieser Synode bei allen Punkten. Erstmals gibt es auf der Synode aus den vier „Kooperationsräumen“; in denen die Kirchengemeinden in Bonn, Alfter, Bornheim und Hersel künftig noch enger zusammenwirken werden, kurze Sachstandsberichte. Superintendent Pistorius dankt ausdrücklich für den guten Geist und die Bereitschaft miteinander neue Wege zu gehen. Zugleich verspricht der Superintendent weiterhin die Unterstützung des Kirchenkreises, auch durch eng getaktete Besuche und Beratungen in den Presbyterien vor Ort.

Aufstockung der Jugendleiterstelle für die Gehörlosenseelsorge

Sehr eindrucksvoll: Jugendleiter Guido Holthaus berichtet von der Ohnmacht und der besonderen Herausforderungen von Menschen ohne Gehör (Foto: J. Gerhardt)

Einstimmig stimmt das Bonner Kirchenparlament für die Aufstockung der Jugendleiterstelle für die Gehörlosenseelsorge , zuständig für die große Region Köln/Bonn. Gehörlosenseelsorger Pfarrer Dieter Schwirschke und der Jugendleiter Guido Holthaus, selbst gehörlos, hatten sehr persönlich eindrucksvoll von der Ohnmacht und den besonderen Herausforderungen der Arbeit berichtet. In Bonn trifft sich die Gemeinde unter anderem in der Regel jeden 1. Sonntag in der Apostelkirche Tannenbusch zum Gottesdienst (15.00 Uhr). Der Jugendleiter organisiert unter anderem Freizeiten und besondere Events, die Kinder und Jugendliche mit und ohne Gehör auch miteinander verbindet. Zum Beispiel am 11. Juni eine Rafting-Tour am Rhein in Bonn. Tolles Angebot!

Für Krankenhausseelsorge, Diversität und Klimaschutz

Mit großer Zustimmung nimmt die Kreissynode den Bericht von Klinikseelsorgerin Dr. Annette Schmitz-Dowidat zur Sicherung und Weiterentwicklung der Krankenhausseelsorge in Bonn zur Kenntnis. „Wir werden und wollen weiterhin nicht nur Seelsorge für Patienten wie für die vielen Mitarbeitende dort sein, sondern auch profilierte Kooperationspartner für die Krankenhausträger“, so Schmitz-Dowidat, Pfarrerin am Universitätsklinikum UKB.

Die neue Projektleiterin für Klimagerechtigkeit des Bonner Kirchenkreises Annika Bohlen bei ihrem ersten Auftritt auf der Kreissynode (Foto: J. Gerhardt)

Merle Niederwemmer, Theologiestudentin und Mitarbeiterin im Evangelischen Forum“ wirbt mit Elan für mehr „Diversität im Raum der Kirche“. Auch hier breiter Rückenwind aus der Synode. Den gibt es ebenso für Annika Bohlen, die neue und erste Projektmanagerin für Klimathemen im Kirchenkreis Bonn. Ihr Auftrag und Ziel: Schritte aufzeigen zur Treibhausgasneutralität aller kirchlich genutzter Räume bis 2035. Erster großer Zwischenschritt ist eine Übersicht zur Gebäudebedarfsplanung 2027. Superintendent Dietmar Pistorius erwartet von der Arbeit „in diesem für unsere Gesellschaft wie Kirche so zentral wichtigem Gebiet eine deutliche Professionalisierung. Klimaschutz ist Bewahrung der Schöpfung und ein Kernanliegen unserer Kirche.“

Tagung nachzusehen auf YouTube

Die Tagung der Kreissynode im Haus der Evangelischen Kirche  war wie immer öffentlich und kann auch noch über den YouTube-Kanal des Evangelischen Kirchenkreises Bonn nachgesehen werden:
https://www.youtube.com/watch?v=hAcc_nVYwpE

Kirche divers: Statement auf der Bonner Kreissynode (Foto: J. Gerhardt)