Amen… oder eingeschlafen?

Vikarin Merle Niederwemmer präsentiert Fidget Toys für den Gottesdienst.
Wenn die Hände etwas zu tun haben: Vikarin Merle Niederwemmer aus der Friedenskirche hat mit den Fidget Toys gute Erfahrungen im Gottesdienst gemacht. (Foto: Johanna Nolte)

Bestimmt kennen viele dieses Gefühl: Man verlässt den Gottesdienst, erinnert sich an eine schöne Melodie, vielleicht an ein Gebet – aber worüber genau in der Predigt gesprochen wurde, verschwimmt schnell. Für Menschen mit innerer Unruhe oder einer sehr lebendigen Gedankenwelt ist das keine Ausnahme, sondern Alltag.

Wenn die Hände nicht stillstehen können

Gerade neurodivergente Menschen, etwa mit ADHS oder Autismus, erleben die stark textlastigen Gottesdienste als besonders herausfordernd. Wo wenig Möglichkeit zur aktiven Beteiligung besteht, wächst die Spannung zwischen innerem Bewegungsdrang und äußerer Stille. Doch auch viele Kinder – und nicht wenige Erwachsene – spüren: Zuhören fällt leichter, wenn die Hände etwas zu tun haben.

Fidget Toys – kleine Helfer mit großer Wirkung

Fidget Toys sind kleine Beschäftigungsgegenstände wie Pop-Its, Drehringe oder Stressbälle. Sie sind keine Spielerei, sondern unterstützen die Konzentration, indem sie der Unruhe eine Richtung geben. Die Friedenskirchengemeinde in Bonn-Kessenich hat sich deshalb bewusst entschieden, diese kleinen Helfer am Eingang bereitzulegen. Die kleinen Silikonkugeln mit magnetischem Kern haben verschiedene Oberflächen – von weich bis stachelig. Sie machen keinen Lärm, bauen Stress ab und unterstützen sensorisches Erleben auf ganz neue Art.

Und das Konzept geht auf: Schon jetzt erfreuen sich viele Menschen an den Fidget Toys. Kinder greifen begeistert zu, Eltern sind entspannter – und auch Erwachsene entdecken, dass es sich leichter zuhören lässt, wenn die Hände beschäftigt sind.

Warum Fidget Toys in der Friedenskirche willkommen sind

Sechs lila Kugeln liegen auf einer Handfläche
Magnetische Kugeln, sogenannte Fidget Toys, halten die Hände beschäftigt – das fördert die Konzentration bei Kindern und Erwachsenen. (Foto: Johanna Nolte)
  1. Zuhören ermöglichen statt Stillsitzen erzwingen. Wer die Hände bewegt, kann sich besser auf Texte und Musik einlassen.
  2. Neurodivergenz ernst nehmen. Menschen mit besonderen Wahrnehmungsweisen sollen spüren: Diese Kirche denkt an euch.
  3. Willkommenskultur leben. Ein Korb mit Fidget Toys am Eingang sagt: „Hier darfst du sein, wie du bist – und auf deine Weise Gottesdienst feiern.“

„Gott nimmt uns an, so wie wir sind“

Merle Niederwemmer, Vikarin an der Friedenskirche, sagt dazu:

„Wir haben uns bewusst dafür entschieden, Fidget Toys im Gottesdienst anzubieten. Unsere Gottesdienste sind oft textreich und wir möchten niemanden ausschließen, der oder die damit Schwierigkeiten hat. Die kleinen Helfer sind ein sichtbares Zeichen unserer Willkommenskultur: Gott nimmt uns an, so wie wir sind – und wir als Kirche wollen das auch tun.“

 

  • 08.09.2025
  • Red
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