Ein Wort gegen die Angst, gegen jede Form, Angst zu schüren und für eine demokratische und barmherzige Gesellschaft. Hier die Rede des Bonner Superintendenten Dietmar Pistorius auf der großen Kundgebung am Sonntag auf dem Bonner Marktplatz. organisiert von Amnesty International und unterstützt auch von Diakonie und Caritas und vielen weiteren Gruppen der Gesellschaft.

Hier die Rede im Wortlaut: https://www.instagram.com/reel/DFmh1m6Cbue/?igsh=MXJxcHJmdmZnaHNybg==
„Es ist eigentlich schon alles gesagt! Die Argumente liegen auf dem Tisch!
Mag sein, dass es für den ein oder die andere noch wichtig ist, dass wir als Kirche uns dahinter stellen und „Ja und Amen“ sagen zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Menschenwürde und Vielfalt. Das will ich jetzt gerne mit vielen anderen Menschen der Evangelischen Kirche, die heute hier sind, tun!
Darüber hinaus gibt es dann noch das, was kaum ein anderer sagen als wir Kirchen, Religionsgemeinschaften und glaubende Menschen; das, was mit höchstem Anspruch formuliert und darum nur mit tiefster Demut ausgesprochen werden kann.
So, wie es die anglikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde Donald Trump ins Gesicht sagen konnte: „Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie: Haben Sie Erbarmen mit allen Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben!“

So bitten auch wir heute im Namen unseres Gottes, den wir bekennen als den Schöpfer, der alle Menschen liebt und dabei nicht unterscheidet nach Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft, Kultur und Lebensstil… In seinem Namen bitten wir: Achtet die Menschenwürde!
Als Christenmenschen folgen wir einem, der sich radikal an die Seite der Unterprivilegierten, der Ausgegrenzten, Übersehenen und Missachteten stellte… In seinem Namen bitten wir: Steht ein für Nächstenliebe!
Und wir sind getrieben von einem Geist, der Gemeinschaft stiftet, Verständigung ermöglicht und Hoffnung weckt… In seinem Namen bitten wir: Steht auf für Zusammenhalt.

Menschenwürde, Nächstenliebe, Zusammenhalt…
Noch haben wir eine große Auswahl an demokratischen Parteien, die dieses Werte teilen. Nutzen wir am 23. Februar unsere Wahl.
Lassen Sie mich bitte abschließend aber vor dem Hintergrund dieser Werte noch einen Blick auf die vergangene Woche werfen und zwei Bitten an die politischen Akteure richten:
Erstens: Ich erwarte, und stehe damit wahrscheinlich nicht alleine, dass demokratische Parteien diskursbereit und kompromissfähig bleiben. Mit Sorge, oder vielleicht noch mehr, es macht mir Angst, wenn immer häufiger Führungskräfte aus unterschiedlichen Parteien Ihre Positionen für nicht mehr verhandelbar erklären. Diese autoritäre Mentalität legt die Kettensäge an den Stamm der Demokratie.
Und spätestens dann, wenn für diese unverhandelbare politische Agenda Mehrheiten nur noch mit Hilfe der AFD zu erzielen sind, muss auch kritisch gefragt werden, ob die Agenda noch richtig justiert ist. Ich bitte mit allen, denen das Angst macht: Tut das nie wieder!
Und damit bin ich beim zweiten, was ich noch sagen will: Die letzte Woche war nicht dazu geeignet, irgendeinem im diesem Land irgendeine Angst zu nehmen.
Im Gegenteil: Was da über Geflüchtete und Migrant*innen im Bundestag gesagt wurde, schürt die Angst derer, die sich eh schon fürchten vor allem was anders und ihnen fremd ist.
Und zugleich macht es unzähligen Menschen Angst, die sich fragen, ob sie auch nach der Bundestagswahl noch in diesem Land leben dürfen und sicher sind.
Im Namen unseres Gottes bitte ich: Haben sie erbarmen mit den Menschen, die sich jetzt fürchten. Pokern sie nicht mit der Angst. Ängste zu schüren, um sich dann als Erlöser zu präsentieren, ist menschlich unanständig!
Und: Kümmern sie sich bitte auch um die Themen, die uns wirklich Angst machen sollten und reden sie darüber, zum Beispiel über Klima und globale Gerechtigkeit. Das dürfte auf Zukunft hin auch die bessere Migrationspolitik sein.“
(02.02.2025 / ger)