„Wer den Koch kennt, muss vor dem Essen nicht beten.“ Ein Witz. Jeder hat ja sein Fünkchen Wahrheit, heißt es. Ich möchte ihn mir in diesem Fall aber lieber nicht näher vorstellen. Das Essen muss schon sehr schlecht gewesen sein.
Theologisch betrachtet müsste der Spruch eigentlich genau anders herum lauten: Wer den Koch kennt, wird gerade vor dem Essen beten. Nämlich ein Dankgebet für die oder den, der uns die Mahlzeit so wunderbar bereitet hat, der uns das gibt, was wir zum Leben brauchen. Das ist der innere Geist des christlichen Tischgebets.
Nun beherrschen laut einer Umfrage nur etwa zehn Prozent in Deutschland noch ein Gebet wie „Alle guten Gaben, alles was wir haben, kommt oh Herr von dir; wir danken dir dafür.“ Dabei zielt ein Tischgebet nicht nur auf das Essen vor der eigenen Nase, sondern umfassend auf das Leben und die Gemeinschaft. Darum ist es für mich auch heute noch zeitgemäß, auch wenn die wenigsten von uns noch Sorge um ihr tägliches Brot haben müssen.
Da in Deutschland immer weniger, auch in Familien, gemeinsam essen, fehlt vielen wohl einfach auch der Anlass. „Komm Herr Jesus, sei unser Gast, und segne uns und was du uns bescheret hast.“ Klingt das, wenn dazu noch der Fernseher läuft oder das Handy?
Eigentlich schade. Jeder Tag ein kleiner Segen – das tut doch gut. Einen Augenblick dankbar innehalten. Und ich darf mich dabei verbunden fühlen mit Menschen, die gar nicht mit am Tische sitzen. Vielleicht ist ja auch schon Ihre nächste Mahlzeit eine gesegnete. Ich wünsche es Ihnen.
Joachim Gerhardt
Geistlicher Impuls
Joachim Gerhardt, Pfarrer an der Bonner Lutherkirche und Pressesprecher des Kirchenkreises Bonn, schreibt alle drei Wochen das „Wort zum Sonntag“ in der Gesamtausgabe der Kölnischen/Bonner Rundschau, auf Seite 4 in der der großen Tageszeitung in der Köln-/Bonner Region. Hier erfahren Sie mehr: www.rundschau-online.de
(Text erscheint am 26.08.2023)