Geschichte der Evangelischen Kirche in Bonn und der Region

Festgottesdienst mit mehr 2.500 Menschen auf dem Bonner Marktplatz zum 200. Gründungstag der Evangelischen Gemeinde Bonn mit Bischof Heinrich Bedford-Strohm als Prediger (Foto: Meike Böschemeyer)
Festgottesdienst mit mehr 2.500 Menschen auf dem Bonner Marktplatz zum 200. Gründungstag der Evangelischen Gemeinde Bonn mit Bischof Heinrich Bedford-Strohm als Prediger (Foto: Meike Böschemeyer)

2./3. Jahrhunderterste: Christen in Bonn

1542-1547: Reformationsversuch unter Hermann von Wied: Die Reformatoren Philipp Melanchthon aus Wittenberg und Martin Bucer („Erfinder der Konfirmation“) predigen im Bonner Münster. Bucer und Melanchthon verfassen in Buschhoven und Bonn das „Einfältige Bedenken“ (Programmschrift der sog. Kölner Reformation). Bonner „Gesangbüchlein geistlicher Psalmen“ entsteht mit großer Verbreitung (bis 1630 insgesamt 32 Auflagen)

1577-1584: Reformationsversuch unter dem Kölner Kurfürst Gebhard Truchseß. Für ein Jahr reformierte Gottesdienste im Bonner Münster. Truchsessische Krieg endet mit Sieg des Katholizismus durch Unterstützung der Wittelsbacher

Mitte/Ende 16. Jahrhundert: Gegenreformation: Lutherische und reformierte Christen können in Bonn und der Region weitgehend nur im Untergrund leben („Kirche unter dem Kreuz“). Im Herzogtum Jülich-Berg allerdings im überwiegend rechtsrheinischen Bereich, der nicht zu Kurköln gehört, ist evangelisches Leben teilweise möglich

1609-1614: Klevische Erbfolge erleichtert noch einmal evangelisches Leben rechtsrheinisch

1658: Ältester Grabstein auf dem evang. Friedhof in Holzlar

1683: erste evangelische Kirchbauten in der Bonner Region: Ruppichteroth (1683), Oberkassel (1683, vollendet 1697), Remagen (1684), Oberwinter (1723)

1759: Flamersheim: letzter evangelischer Kirchbau in vorpreußischer Zeit

Die älteste evangelische Kirche im heutigen Bonn steht in Oberkassel von 1683 (Foto: Archiv KK Bonn)
Die älteste evangelische Kirche im heutigen Bonn steht in Oberkassel von 1683 (Foto: Archiv KK Bonn)

Unter den Preußen Gründung einer eigenen Gemeinde

8. April 1802: Französische Besatzung des Rheinlandes gewährt den Bonner Protestanten – ebenso wie den Juden – Kultusfreiheit und volle Bürgerrechte.

5. Juni 1816: Nach Einzug der Preußen in die neu geschaffene Rheinprovinz: Gründung der evangelischen Gemeinde Bonn im Alten Rathaus (1815: 208 Protestanten in Bonn registriert)

1817: Schlosskirche in der Universität wird erste evangelische Gemeindekirche in Bonn. Gründung der Kreissynode Mülheim am Rhein der preußischen „Rheinischen Provinzialkirche“, zu der auch die Bonner Gemeinde gehört. Sie vereint reformierte und lutherische Protestanten (uniert)

1818: Gründung der rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität auf Initiative vieler protestantischer Persönlichkeiten (mit evangelischer Fakultät)

27. Juni 1849: Die sog. „Bonner Konferenz“ gibt inspiriert von dem Sozialpionier Johann Hinrich Wichern wichtige Anstöße für die diakonische Arbeit der Kirche weit über Bonner hinaus

1854: Prof. Clemens-Theodor Perthes, Mitbegründer der „Inneren Mission“ (heute Diakonisches Werk) eröffnet in Bonn die „Herberge zur Heimat“ ein: eine in Deutschland beispielhafte Hilfseinrichtung für Wandergesellen

1858: Bau der Rigal´schen Kapelle als Privatkapelle in einem Bad Godesberger Garten (erster eigenständiger evangelischer Kirchbau im linksrheinischen Bonn)

1861: Gründung einer eigenen Gemeinde Godesberg mit reger sozialer Arbeit (div. Hilfseinrichtungen, Errichtung des Victoria-Hospitals als Vorläufer des evang. Waldkrankenhauses)

1880: Einweihung der evangelische Kirche in Rüngsdorf (seit 1953 Erlöserkirche)

1883: Julius Axenfeld gründet die Jungenschule „Evangelisches Pädagogium“ in Bad Godesberg (heute „Päda“), weiterentwickelt von Otto Kühne wird sie bis 1914 zur größten Privatschule Deutschlands

Sie wurde 1816/17 die erste protestantische Gemeindekirche in Bonn, die wunderschöne Schlosskirche in der heutigen Universität (Foto: Joachim Gerhardt)
Sie wurde 1816/17 die erste protestantische Gemeindekirche in Bonn, die wunderschöne Schlosskirche in der heutigen Universität (Foto: Joachim Gerhardt)

1871: Einweihung der evangelischen Kirche am Kaiserplatz (seit 1947 Kreuzkirche). Die Gemeinde hat inzwischen 14.768 Glieder

1873: Die Frauenrechtlerin Berta Lungstrass gründet das erste evangelischen Frauenhaus in Bonn. Infolge viele weitere sozialer Einrichtungen sowie des evangelischen Johanniter-Krankenhaus in der Gronau

1894: Einweihung der Evangelischen Kirche in Beuel (seit 1985 Versöhnungskirche)

1895: Bonn wird Sitz eines eigenen Kirchenkreises. In Bonn leben inzwischen mehr als 27.000 Protestanten

1908: Einweihung: Neue evangelische Kirche in Oberkassel

1909: Gründung der Evangelische Gemeinde Beuel durch Lösung von Oberkassel

1934: „Bonner Bekenntnis“: Der Bonner Theologieprofessor Karl Barth entwickelt in der Kreuzkirche im Widerstand gegen die Gleichschaltung der Kirchen durch den Nationalsozialismus den Vorläufer zur „Barmer Theologischen Erklärung“

1949: In der Lutherkirche in der Südstadt wird der offizielle Gottesdienst zur Eröffnung des 1. Deutschen Bundestags gefeiert

Nach dem 2. Weltkrieg: Die evangelische Gemeinde wächst mit Zuzug von Flüchtlingen und zunehmend auch vielen Bundesbediensteten. Jeder fünfte Bonner ist inzwischen evangelisch. Ab 1950 rege evangelische Kirchbautätigkeiten im ganzen Stadtgebiet (inzwischen mehr als 70.000 Glieder)

1955: Gründung des landeskirchlichen Amos-Comenius-Gymnasiums („AMOS“), des evangelischen Gymnasiums in Bad Godesberg aus der Tradition des „Evang. Lyzeums“, das unter nationalsozialistischem Druck 1937 geschlossen wurde

1968: Dreiteilung des Kirchenkreise Bonn in die Evangelischen Kirchenkreise Bonn, Bad Godesberg (später Bad Godesberg-Voreifel) und An Sieg und Rhein

1980: Einweihung des „Kirchenpavillons“ am Friedensplatz, die erste Citykircheneinrichtung dieser Art in Deutschland (seit 2014 am Kaiserplatz vor der Kreuzkirche)

1999: US-Präsident Bill Clinton schenkt in Folge des Hauptstadtumzugs der Stadt Bonn die protestantische Stimson Memorial Chapel in Plittersdorf, im Volksmund „Amerikanische Kirche“ genannt. Die in Bonn einzigartige Kirche im „Südstaaten-Stil“ ist heute Treffpunkt vieler, zumeist fremdsprachiger Gemeinden

5. Juni 2016: Mit einem eindrucksvollen Abendmahlsgottesdienst erstmals aller evangelischen Stadtgemeinden gemeinsam feiert die evangelische Kirche kirchenkreisübergreifend auf dem Marktplatz den 200. Gründungstag der Evangelischen Gemeinde Bonn. Fast jeder vierte Bonner, jede vierte Bonnerin ist heute evangelisch