Leuchtturm Mariopol – Interview mit Projektleiterin Nino Müntnich

Einfach einmal eine unbeschwerte Zeit haben: Ausflug mit Geflüchteten aus der Ukraine und Syrien im August 2022 (Foto: N. Müntnich)

Sie sind im Rahmen des Projekts „Leuchtturm Mariupol“ zur Evangelischen Migrations- und Flüchtlingsarbeit (EMFA) gekommen. Was ist das für ein Projekt?

Das Projekt „Leuchtturm Mariupol“ wird seit dem 1. Juni 2022 von der Evangelischen Migrations- und Flüchtlingsarbeit Bonn geleitet, unterstützt von der Aktion Mensch.

Das Bestreben dieses Projektes liegt darin, Kindern und Jugendlichen bis zum jungen Erwachsenenalter zu helfen, die durch den Krieg entstandenen Verletzungen-Traumata zu verarbeiten und in Deutschland Fuß zu fassen, sich zu adaptieren.

Die Hilfe von unserer Seite kommt mit verschiedenen Projektvorhaben.

Was konnten Sie bisher schon umsetzen?

Die Unterstützung und Hilfe, die ukrainische Familien von der Integrationsagentur bekommen, wird mit verschiedenen Projektkonzepten umgesetzt. Es gibt die Soziale Beratung, in welcher Geflüchtete Formularhilfe, Antworten im Hinblick auf das SGB und allgemein tatkräftige Zuwendung von uns bekommen. Der zweite Termin in der Woche für die Sozialberatung findet ab sofort jeden Freitag in den Räumlichkeiten der Kreuzkirche statt. Mit der Kreuzkirche besteht eine umfassende Kooperation.

Das Begegnungscafé, das ebenfalls in der Kreuzkirche angeboten wird, ermöglicht es aus der Ukraine stammenden Menschen verschiedener Altersgruppen, sich zu treffen und miteinander beim Teetrinken über ihre neu erworbenen Eindrücke, ihre Sorgen und über Neuigkeiten in ihrem Heimatland zu sprechen.

In den Sommerferien wurden Kinder und Jugendliche mit den Bildungsprojekten „Spielerisch lernen“ und „Wir lernen Deutsch“ in der deutschen Sprache unterrichtet. Aufgrund hoher Nachfrage wird das Projekt „Spielerisch lernen“ bald weitergeführt.

Weitergeführt wird seit den Herbstferien auch das Tanzprojekt „Hip-Hop“, welches im Wohnheim Holzlar fortgesetzt wird. Ab dem 20. Oktober in der Sporthalle des Collegium Josephinum wird zweimal in der Woche Fußball trainiert, unter Aufsicht eines ausgebildeten Trainers.

Pfarrerin Lea Wangen und die Kreuzkirchengemeinde haben unseren Teilnehmern des Begegnungscafés Garn geschenkt, im Zuge dessen haben Ukrainerinnen vor, für alle Interessierte, die Stricken lernen möchten, Unterricht zu geben; die Teilnahme ist natürlich kostenlos.

Außerdem planen wir unter anderem noch Kunstunterricht für Kinder ab 6 Jahren mit Museumsbesuchen, Hausaufgabenhilfe, mit der Arbeitsagentur zusammen Beratungsstunden, damit die Jugendlichen gut vorbereitet in die Zukunft blicken können.

Das Projekt „Leuchtturm Mariupol“ unterstützt zudem die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ), die mit der Lukaskirche (Kaiser-Karl-Ring) kooperiert.

Wie erleben Sie die ukrainischen Familien?

Die ukrainischen Familien erlebe ich dankerfüllt, gütig, entgegenkommend, immer an andere Menschen denkend.

In manchen Fällen klappt es immer noch nicht mit Hilfsgeldern, obwohl die Ukrainer mehrere Monate in Deutschland leben, alle Formulare ausgefüllt, Bescheinigungen gesammelt haben…

Und wenn sie zu uns zur Beratung kommen und hilfesuchend ihre schwierige Situation schildern, bitten sie, dass niemand aufgrund dieses Gesprächs Schaden nehmen soll, sie sagen, sie brauchen finanzielle Hilfe, aber nicht um jeden Preis.

Diese Haltung der Nächstenliebe ist beispielhaft und vorbildlich, gerade in dieser bewegten Zeit. Ihre Einstellung gibt Hoffnung auf bessere Zeiten.

Was möchten Sie erreichen?

Die Integrationsagentur EMFA unter Leitung von Dr. Hıdır Çelik bildete das Konzept des Projekts „Leuchtturm Mariupol“ und setzt es seit dem 1. Juni dieses Jahres um.

Das Ziel des Projekts sind zufriedene Kinder und Jugendliche mit ihren Familien, ihnen haben wir mit unseren Projektbestandteilen hoffentlich die erste Zeit erleichtert und möchten Stabilität geben, ihnen sind wir bestrebt, einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft zurückgeben zu können.

Wie ist ihr persönlicher Hintergrund?

Mein persönlicher Hintergrund liegt in meiner Heimat Georgien. Georgien musste schon zweimal Krieg gegen Russland führen. 20 Prozent des Hoheitsgebiets Georgiens ist besetzt von Russland, Abchasien und Südossetien. Sogar die aktuellen Kontaktlinien werden nicht beachtet und immer wieder seitens Russlands verschoben, so dass die Georgier, in einem Land, das als eines der ersten das Christentum angenommen hat, Schwierigkeiten haben, auf Friedhöfen ihre Toten zu betrauern und Dorfkirchen für Gottesdienste zu besuchen, aufgrund der fortgesetzten Landnahme Russlands.

Die Tatsache, dass es seitens der EU jahrelang keine Konsequenzen gab, machte es für Russland zu einem leichten „Spiel“. Und das nächste Ziel war und ist die Ukraine.

Und wie die ukrainischen Mütter, Frauen, Schwestern sich fühlen, ist für mich absolut nachvollziehbar, aufgrund der Geschehnisse in meinem Geburtsland Georgien.

 

Das Interview führte Katrin Jürgensen